Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat sich vor Kurzem in Form einer Fachmeldung auf dem eigenen Internetauftritt zum Thema „Cannabis als pflanzliches Raucherzeugnis“ positioniert.
Darin räumt das BVL ein, dass die Tabakproduktrichtlinie der EU (Tabakproduktrichtlinie 2014/40/EU) und auch das deutsche „Gesetz über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse“ (TabakerzG) dies nicht ausschließen. Bei Cannabisprodukten sei aber das Betäubungsmittelgesetz anzuwenden. Dabei wird sich darauf bezogen, dass „In der Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG (…) ‚Cannabis‘ als ‚nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel‘ aufgeführt“ ist. Zwar sind Cannabisprodukte, die EU-zertifizierten Nutzhanfsorten entstammen und weniger als 0,2% THC enthalten von dieser Regelung ausgeschlossen, allerdings muss hier sichergestellt sein, dass der Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen werden kann.
Das BVL verweist daraufhin auf das BGH-Urteil vom 24. März 2021 (AZ: 6 StR 240/20). Hier räumte der BGH ein, dass Tee zwar nicht zu Rauschzwecken missbraucht werden, das Produkt aber auch für die Zubereitung von Gebäck genutzt werden könne. Dazu heißt es seitens des BVL:
„Bei Verarbeitung des Hanftees zu Gebäck kann ein Missbrauch zu Rauschzwecken nachweislich nicht ausgeschlossen werden. Entsprechend entschied das Gericht, dass auch der Hanftee die o.g. Voraussetzung für die Abgabe an den Verbraucher nicht erfülle.“
BVL – Fachmeldung „Cannabis als pflanzliches Raucherzeugnis in Deutschland nicht verkehrsfähig“
Nach Auffassung des BVL sind hanfhaltige Raucherzeugnisse ähnlich zu bewerten.
„Daher dürfen diese aus betäubungsmittelrechtlicher Sicht nicht an den Endverbraucher abgegeben oder durch Privatpersonen nach Deutschland eingeführt werden.“
Zwar hatte der EuGH am 19.11.2020 entschieden, dass CBD nicht mehr als Suchtstoff gelte, dies beziehe sich aber nur auf den Wirkstoff selbst, nicht auf Cannabis im Allgemeinen.
„Cannabis wird nach den oben genannten Regelungen weiterhin als Betäubungsmittel eingestuft. Cannabis-Erzeugnisse müssen daher unter betäubungsrechtlichen Gesichtspunkten von den zuständigen Behörden beurteilt werden.“
Das BVL kommt daher zu dem Schluss, dass Cannabis als pflanzliches Raucherzeugnis in Deutschland nicht verkehrsfähig sei.
Der Rechtsanwalt Dr. Ferdinand Weis ist unter anderem auf das Gebiet „Medizinisches Cannabis und CBD“ spezialisiert. Die pauschale Einordnung von Nutzhanfblüten als generell missbrauchstauglich findet er nach eigenen Aussagen nicht überzeugend.
„Das BVL hätte einen differenzierten auf einer Einzelfallbetrachtung beruhenden Ansatz wählen müssen. Es setzt sich nicht ansatzweise mit der Frage auseinander, inwiefern ein Missbrauch zu Rauschzwecken bei Nutzhanferzeugnissen mit deutlich unter 0,1 % Delta-9-THC droht.“
RA Dr. Ferdinand Weis
Zusätzlich kritisiert Herr Dr. Weis, dass das BVL bei seiner rechtlichen Bewertung die europäische Warenverkehrsfreiheit völlig außer Acht lasse. Er kommt daher zu dem Schluss, dass die Aussagen des BVL in naher Zukunft sehr wahrscheinlich angefochten werden.
„Ich gehe davon aus, dass die vom BVL vertretene Rechtsauffassung verwaltungsrechtlich angegriffen und den Gegenstand von Klageverfahren bilden wird.“
RA Dr. Ferdinand Weis
Dennoch sind aktuell gestellte Anträge für die Zulassung von Produkten aus Nutzhanfblüten durch die Aussagen des BVL erst einmal ausgebremst. Dadurch verschafft sich das BVL nach Weis‘ Ansicht Zeit „um regulatorische Entscheidungen in den Zeitraum nach den diesjährigen Bundestagswahlen zu verlagern, die einen deutlichen Kurswechsel in der Cannabispolitik erwarten lassen.“