„Inhuman“: Hürden für medizinisches Cannabis zu hoch

Bürokratische Hürden für medizinisches Cannabis zu hoch

Berlin. Die bürokratischen Hürden, um medizinisches Cannabis auf Rezept zu bekommen, seien viel zu hoch. „Dieser Umgang mit schwer kranken Menschen ist inhuman“, kritisiert Mediziner Johannes Horlemann, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS), auf einer Online-Pressekonferenz.

Wartezeit für medizinisches Cannabis ist zu lang

Chronisch kranke Patienten müssen mindestens fünf Wochen Wartezeit in Kauf nehmen, um medizinisches THC mit Kostenübernahme zu erhalten. Im Falle von Widerspruchsverfahren könne sich laut DGS die Wartezeit bis zu einer Entscheidung über Monate hinziehen. Der Vizepräsident der DGS, Norbert Schürmann, fügte hinzu, dass die Krankenkassen die Schwere der Fälle bei der Bearbeitung der Anträge nicht beachteten.

Geringe Erfolgsaussichten für eine Bewilligung

Laut des Abschlussberichts der Begleiterhebung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) betreffend Cannabis in der Medizin (CannaTrust berichtete) werden in ca. zwei Drittel der Fälle die Kosten für eine Behandlung mit medizinischem Cannabis von den Kassen übernommen. Ca. 24 000 Patienten erhielten einen negativen Bescheid und müssten die Kosten selber tragen.

Verträge mit Krankenkassen zum Abbau der bürokratischen Hürden

Die DGS hat bereits im März einen Vertrag mit der Krankenkasse AOK für eine bessere Versorgung der Patienten mit Cannabinoiden geschlossen (CannaTrust berichtete). Bei der AOK-Rheinland/Hamburg soll ein Selektivvertrag dafür sorgen, dass im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Cannabis vereinfacht verordnet werden kann. Der Vertrag ist laut Horlemann bereits unterschrieben, aber noch nicht umgesetzt.

Schulung für Ärzte zur THC Wirkung

Die Voraussetzung, die seitens der Mediziner vorliegen muss, ist eine 20-stündige Online-Schulung mit bestandenem Abschlusstest. Die DGS setzt sich derzeit für die Fortbildung der Mediziner ein. Im Moment verschreiben überwiegend Neurologen und Schmerzmediziner Cannabis, aber auch Hausärzte und Palliativmediziner sollten sich seiner Meinung nach mit Cannabis gut auskennen. Besonders die jungen Ärzte sind an den Einsatzmöglichkeiten von Cannabis interessiert. 

Cannabis vs. Opioide

Oft wird Cannabis eingesetzt, wenn andere Behandlungen keine Wirkung mehr zeigen. Der Konsum mit verschreibungspflichtigen Opioiden wird damit signifikant reduziert. Cannabis ist zudem viel besser verträglich als Opioide.

Besonders in der Schmerztherapie, vor allem bei chronischen und neuropathischen Schmerzen werden Cannabinoide eingesetzt, außerdem bei palliativen Erkrankungen mit Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit oder zur Begleitung von Krebserkrankungen – alles mit gutem Erfolg. 

Ist medizinisches Cannabis gefährlich?

Wer das Glück hat, medizinisches Cannabis auf Rezept zu bekommen, kann entweder CBD Blüten mit hohem THC-Anteil oder oral einnehmbare Cannabinoide in Form von Pillen einnehmen. Die Wirkung von THC sorgt für einen schmerzlindernden Effekt. Laut Schürmann sind Cannabisblüten in der Behandlung schwieriger zu steuern als oral einzunehmende Cannabinoide.

Außerdem beinhalten sie ein höheres Abhängigkeitspotential. Jugendliche unter 25 Jahren werden bei der Einnahme von Blüten mit hohem THC-Anteil anfälliger für Psychosen. Die Halbwertszeit ist bei den oral eingenommen Cannabinoiden ist länger, d.h. es gibt einen gleichbleibenden Wirkungsspiegel bei weniger Nebenwirkungen und weniger nervlichen Störungen. Trotzdem funktioniert die Schmerzunterdrückung konstant. 

Fazit

Die Praxis zeigt: Die Hürden müssen noch weiter gesenkt werden, damit mehr Patienten von den positiven Wirkungen der Cannabispflanze Gebrauch machen können. 

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